Die Reise amerikanischer Pflanzen und Gehölze in die einzigartige Landschaftskomposition der Region Lednice-Valtice

Die Region Lednice-Valtice ist Teil eines uralten Siedlungsgebiets. Im Jahr 1391 begann die Verwaltung des Areals durch einen einzigen Besitzer und anscheinend hat sich bereits Johann VI. von Liechtenstein in Lednice eine der damaligen Mode entsprechende Renaissance-Residenz in Form einer italienischen Villa errichtet, denn er hatte diesen Ort für seinen Wohnsitz erwählt. Da die Umgebung von Schloss Valtice kein großzügigeres Gartenprogramm zuließ, kristallisierte sich Lednice bereits im 16. Jahrhundert als Zentrum heraus, um das herum nach und nach Gartenwerke komponiert wurden.

Der erste große Ausbau der Gärten von Lednice begann unter Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein, doch ihre heutige Form erhielten sie erst unter der Anleitung des Brüderpaars Alois I. und Johann I. von Liechtenstein.

Alois I. wurde 1781 Fürst, und aus der Karte von 1799 geht hervor, dass er trotz seiner Kenntnisse der so genannten modernen Gartengestaltung immer noch den Instruktionen von Fürst Karl Eusebius und den Prinzipien des französischen Gartens folgte, den er mit baulich dominanten Punkten im Sinne des anglo-chinesischen Gartens ausstattete – vielleicht passte diese Form besser zur freimaurerischen Symbolik. Während die Vegetationskomponente noch auf den Prinzipien des französischen Gartens basierte, wurden Wahrzeichen als Aussichtspunkte errichtet, die von den Gebäuden in Kew Garden in London inspiriert waren, (die Bogenbrücke über die Thaya, die nachgeahmten Ruinen des Triumphbogens, das Blockhaus in Form eines Holzstoßes, das gotische Haus, die Eishütten, die barocken Stallungen und Reitställe, die Brunnen des Schwanensees, das Minarett). In der Mitte des Sternparks ließ er einen Sonnentempel errichten. Das Gartenprogramm weitete er bis auf das linke Ufer des Schlosskanals der Thaya aus.

Der größte Teil der Fläche Liechtensteins bestand jedoch aus Wäldern, die allerdings Ende des 18. Jahrhunderts während der aufkommenden industriellen Revolution mit dem rasch wachsenden Holzverbrauch nicht mehr mithalten konnten. Zu dieser Zeit war bereits bekannt, dass nordamerikanisches Holz schnell wuchs und eine gute Holzqualität lieferte und 1802 wurde auf Kosten des Fürsten eine spezielle Expedition nach Nordamerika geschickt. Die Expedition leitete Joseph van der Schott (1770-1812), der Obergärtner des Botanischen Gartens der Universität Wien. Während der vierjährigen Forschungsarbeiten gelangten über Plymouth und Hamburg 130 Kisten und Fässer mit Samen und Jungpflanzen nach Lednice. Für sie wurden hinter dem Minarett Baumschulen eingerichtet, die bereits 1808 nicht nur innerhalb der Monarchie, sondern nach ganz Europa zu verkaufen begannen.

Als Fürst Alois I. 1805 starb, nahm sich sein jüngerer Bruder Fürst Johann I. von Liechtenstein der Fortführung der Arbeiten an und alle fürstlichen Gärten erfuhren eine radikale Wandlung. Fürst Johann I. war ein begeisterter Erbauer von Schlössern und kleinen Bauwerken in der Landschaft. Sein Hauptwerk ist die Gestaltung der Region Lednice-Valtice und insbesondere des Schlossparks von Lednice, mit dem Ziel, ihn vor Überschwemmungen zu schützen, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts regelmäßig die Auen der Thaya-Ufer überfluteten.

Zu diesem Zweck sollte ein riesiger Ziersee ausgehoben werden, wobei das Material dazu verwendet werden sollte, den Horizont des umliegenden Geländes über das Hochwasserniveau anzuheben und drei Inseln zu schaffen. Der ursprüngliche Plan sah vor, eine Reihe neuer Gebäude zu errichten und nur die Umgebung der älteren Gebäude umzugestalten, doch während der Umsetzung kam es zu etlichen Veränderungen. Der Park von Lednice  wurde allmählich von den alten Staffagegebäuden „gesäubert“ (Gotisches Haus, künstliche Ruinen des Triumphbogens, Sonnentempel), und nur die wertvollsten blieben erhalten – der Chinesische Pavillon (erst 1892 entfernt) und das Minarett.  Das Motiv der Bauwerke wurde der Region jedoch nicht entrissen, anstelle von „Häuschen“ im Park wurden überall in der Landschaft monumentale und sehr überzeugende architektonische Wahrzeichen errichtet. Anstelle des Gotischen Hauses eine künstliche Ruine einer gotischen Burg (Janohrad, 1807-1810), anstelle einer Nachahmung der Ruinen des Triumphbogens der Rendezvous-Triumphbogen (1810-1812) und die Kolonnade auf dem Rajstna (1811-1817), usw. Das anglo-chinesische Gartenprojekt prägte somit mehr als 200 km2 der umliegenden Landschaft anstelle der 200 Hektar des Schlossparks. Die zweistufige Anwendung der Prinzipien des anglo-chinesischen Gartens (Phase 1 im Maßstab eines Schlossgartens, Phase 2 im Maßstab einer großen Landschaft) war einer der Gründe dafür, dass die Region Lednice-Valtice 1996 in die Welterbe-Liste  der UNESCO aufgenommen wurde.

Im Jahr 1836 starb Fürst Johann I. von Liechtenstein. Die Region Lednice-Valtice, genannt der  Garten Europas, war damals noch berühmter als im 17. Jahrhundert, und nach dem Ausbau der Eisenbahnstrecke von Wien nach Brünn wurde es zum Ziel vieler Ausflüge sowohl von Wien als auch auch von Brünn aus.

Das Ende des sogenannten langen Jahrhunderts brachte die letzte Welle der Gartengestaltung. Fürst Johann II. von Liechtenstein beschloss, den Schlossgarten zu erweitern. Er erstand 40 Häuser und ließ sie zwischen 1873 und 1887 abreißen. Die frei gewordene Fläche ermöglichte die Anlage eines großzügigen Regelgartens mit Sammelbosquetten und Broderie; östlich dieses Regelgartens entstand ein neuer malerisch-landschaftlicher Abschnitt im Geiste der Lednice-Tradition, reich bepflanzt mit Koniferen, vor allem aus der westlichen Hälfte Nordamerikas; weiter östlich wurde ein Alpinum gepflanzt, und dahinter ging es weiter mit Gewächshäusern und Frühbeeten. Der neue Küchengarten, der von einer Mauer umschlossen war, befand sich neben dem Kanal, der den Rosenteich entwässerte. Die Ufer des Teiches waren weiters mit den damals modernen Baumsorten bepflanzt, die in Gartengeschäften, auf Ausstellungen und Messen erworben wurden. Eine Ausnahme bildeten die Silberfichten vor dem Gewächshaus, die der Obergärtner des Schlossgartens und Hofrat Dr. h.c. Wilhelm Lauche persönlich, angeblich aus Amerika, mitgebracht hatte. Zeitgleich mit dem Bau des neuen Gartens wurde der alte Park „verwildert“, damals begann man, ihn Wildpark oder Naturpark zu nennen. Der chinesische Pavillon, die Anlegestelle und einige Brücken wurden entfernt.
Noch vor dem Ersten Weltkrieg entstand so ein Garten in Lednice, dem es an keinem der obligatorischen Bestandteile eines viktorianischen Gartens fehlte (Pflanzen- und Baumsammlungen, Blumenbeete, ein Küchengarten mit Gewächshäusern und Frühbeet, ein Alpinum und ein Wildpark). Der spezifische Charakter des Gartens von Lednice wurde durch die massive Bepflanzung mit Koniferen und immergrünen Pflanzen erlangt.

PORTRET Novak

Textautor: Ing. Zdeněk Novák, Generaldirektor des Nationalen Landwirtschaftsmuseums

Vortragsvorschau: 13. Oktober 2025 | 17:00 Uhr | Nationales Landwirtschaftsmuseum

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